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Freitag, 4. Mai 2012

Karnivore sind wir ...

Von Klaus-Rainer Töllner (Biologe, Ernährungsspezialist):

" ...Das haben wir mit unseren Hunden gemeinsam. Wir ernähren uns falsch, essen zuviel Stärke und Zucker, werden dick und zuckerkrank und füttern mit dem Zucker die Krebszellen und sterben an Krebs. Genauso ergeht es den Hunden.

Mensch und Wolf sind schon vor 60  000 oder 70  000 Jahren, vielleicht noch viel früher, eine enge Verbindung eingegangen, eine Partnerschaft auf Gegenseitigkeit. Aus dem menschenscheuen Wolf wurde der Partner Hund, der sich dem Menschen eng anschloss, mit ihm gejagt und von dem gelebt hat, was sie gemeinsam erbeuteten: Fleisch und Fett und den Inhalt von Magen und Darm der Pflanzenfresser.

In den riesigen nördlichen Tundren und Kaltsteppen gab es während der letzten großen Eiszeit, die vor etwa 115  000 Jahren begann und bis vor 12  000 Jahren dauerte, nur wenig Stärke und Zucker zu ernten, also Wurzeln, Samen und Früchte. Sicher gab es im Herbst einige süße Heidel- und Preißelbeeren, Beerentraube und Moosbeeren, auch Haselnüsse. Daran haben sich Wölfe und Wildhunde, genauso wie die Menschen, gütlich getan. Diese Energielieferanten waren, zusätzlich zum Fett der Beutetiere, wichtig, um Winterspeck anzusetzen, und so den Winter gut überstehen zu können.

Stärke gehörte nicht zum Nahrungsspektrum der Hunde. Stärke, also die Speicherform des Zu­ckers, wie sie im Getreide, der Kartoffel, in der Banane und vielen anderen Pflanzen, vor allem in vielen Früchten, Wurzeln und Knollen enthalten ist, gehörte also in der langen Entwicklungsgeschichte der Wölfe und ihrer Abkömmlinge, der Hunde, nicht zur täglichen Ernährung!

Erst als die Menschen sesshaft wurden, vor etwa 10  000 Jahren, kam mit dem Getreide die Stärke als Ernährungskomponente dazu, aber auch nur in den eng begrenzten Gebieten der frühen Bauernkulturen in China, Indien, Mesopotamien und Ägypten. Die meisten Menschen blieben aber bis in die Neuzeit Jäger und Sammler oder wurden zu Hirten und lebten genauso oder ganz ähnlich wie ihre Vorfahren, vor allem von Tieren, und ihre Hunde mit ihnen. Außerdem war Getreide viel zu kostbar, um es den Hunden zu füttern.

Wölfe verschlingen, wenn sie eine Maus erbeutet haben, die ganze Maus mit Haut und Haaren. Und Hunde machen es genauso... Die Maus ist ein vollständiges Lebewesen. Sie enthält alles, was ein Hund zum Leben braucht, inkl. Darminhalt, in dem immer auch ein kleiner Anteil Stärke enthalten ist.
 
Nicht anders war es in der langen gemeinsamen Geschichte. Ein großer Teil von Magen und Därmen der Beutetiere, Teile der Haut, gehörten den Hunden. Fleischreste an Knochen, sicher auch gebratene, ein Teil der Sehnen und Bänder, überließ man ihnen. Manchmal war die Beute viel zu groß, wie ein Mammut oder eine Gruppe Pferde, die man über einer Klippe gehetzt hatte, um sie vollständig verwerten zu können. Dann blieben den geschätzten Jagdgefährten nicht nur die Abfälle. Das ist alles lange her.

Was geht uns das heute noch an? Die Ernährung der Hunde steht auf dem Kopf. Wir haben in den letzten Jahrzehnten die Ernährung der Hunde auf den Kopf gestellt. Anstatt diese natürlichen Zusammenhänge zu beachten, wurde in den vergangenen 30 Jahren aus dem Fleischfresser Hund ein Stärkefresser gemacht.

In vielen Futtern, Trocken- oder auch Nassfuttern, ist der Anteil an Stärke aus Getreiden, also Reis, Mais, Weizen, Gers­te oder anderen Körnern, auch aus Kartoffeln, Bananen und anderen Stärkelieferanten, extrem hoch – fast immer liegt er bei 30 % und manchmal bei bis zu 60 %.

Um die gefahrlos verwerten zu können, wären verschiedene Mutationen, u. a. an der Bauchspeicheldrüse nötig gewesen, die mehr Amylase und vor allem Insulin produzieren müsste, ohne zu ermüden. Der gesamte Organismus hätte sich verändern und der Tierfresser Hund zum Pflanzen- und vor allem zum Getreidefresser mutieren müssen. Für genetische Veränderungen, für Mutationen in einem solchen Umfang, ist so ein kleiner Zeitabschnitt viel zu kurz.

Insuffizienz des Pankreas ist die häufige Folge. Viele Hunde leiden inzwischen an Über- oder Unterfunktion der Bauchspeicheldrüse und immer häufiger werden sie zu­ckerkrank.
 
In der Diagnose wird aber erstaunlicherweise – oder auch nicht – so gut wie immer auf die Fettverdauung angesprochen, also auf die fehlende Produktion von Lipasen. Es muss sofort auf alles Fett verzichtet werden. Die Überfütterung mit Stärke wird gar nicht erwähnt, stattdessen bekommt der Hundehalter ein sog. Diätfutter empfohlen oder auch gleich verkauft, in dem nicht weniger, sondern meist deutlich mehr Stärke enthalten ist, als er zuvor schon gefüttert hatte. So löst man heute Probleme".

Herrchen und Frauchen fuhren heute zu einer Tierheilpraktikerin, die artgerechtes und naturbelassenes Tierfutter vertreibt. Sie brachten für uns eine ganze Tiefkühlschublade voller fleischiger Knochen und roher Fleischspezialitäten mit. Es war ein Genuss, stundenlang auf einem solchen frischen Knochen zu kauen. Gut für die Zähne und gut gelaunt beschäftigt waren wir auch.
Fleischiger Brustbeinknochen vom Rind aus artgerechter Haltung
Unsere Zähne sind leider durch die Ernährung mit den Fertigfutterprodukten nicht besonders gut. Um kein oder wenig Zahnstein zu bekommen, sollte ein Hund echte Knochen fressen, keine künstlich geformten aus Rinderhaut. Das nämlich waren früher unsere Favoriten. Leider haben Herrchen und Frauchen erst in den letzten 1-2 Jahren alle diese Erkenntnisse gewonnen und bedauern sehr, dass sie nicht früher schon mehr über Hundeernährung gelesen haben. Aber bei ihnen stand früher stets das Thema "Hundeverhalten" im Vordergrund. Jetzt wissen wir mittlerweile, dass die beiden Themata untrennbar miteinander verknüpft sind.